Schlaf tut gut. Guter Schlaf noch mehr. Die langen Fahrten stecke ich erstaunlich gut weg. Bisher zwickt und schmerzt nichts. Heute also über die Dolomiten. Eine kurze Strecke zur Sicherheit. Wer weiß, was kommt. Mein erster richtiger Alpenpass. Nach einem ausgiebigen Frühstück wieder packen, Zimmer bezahlen und raus. Bei strahlend blauem Himmel und warmen Temperaturen geht’s los – quer durch den Ort in Richtung Toblach.

Gleich hinter dem Schulsportplatz in Bruneck geht der München-Venezia Radweg auf festem Schotter weiter. Dann ist das so. Ich folge. Wie die beiden Vortage auch. Erstmal. Lässt sich fahren, nervt nur und bremst mich aus. Was solls. Heute ist Kaiserwetter. Bei der Hälfte in Richtung Toblach wechsle ich dann doch rauf auf die Bundesstraße. Besser! Egal, merken und weiter. (Nachtrag: die Stauseestraße weiter und die SS40 entlang wäre die bessere Option gewesen, anstatt den kleinen Weg hier zu nehmen.) Vor alpinem Panorama und wieder auf der Straße pedaliere ich durch Welsberg. Immer an der Rienz entlang.

„Kurz, kurz“ kurble ich entspannt und mit Sonne im Herzen in Richtung Drei Zinnen.

Ah! Die Agip Tankstelle. Jetzt geht’s rechts weg in die Berge. Eine malerische Kulisse, Sonnenschein und immer bergauf. Da lacht das Rennradfahrer-Herz. Die Seele jubelt und jeder Tritt macht den Kopf Meter für Meter freier.

Nach dem Dürrensee wird es dann interesasnt. Ich verlasse die Venezia-Route und biege auf die Strada Regionale 48 ab zum Col Sant‘Angelo. 12% bergauf und fast schon heißes Wetter. In einsamer Stille kurble ich den Pass hoch und lausche dem monotonen Surren der Kette. Dann höre ich in der Ferne ein Motorrader von unten schnell die Kehren hochkommen. Plötzlich rast ein schwarzer Heckflügel an mir vorbei. Zzzzum. Hab nicht mal das Modell erkannt… uff! Motorrad war das keins.

Wen habe ich heute begrüßt? Nur ein schwarzes Eichhörnchen und zwei Kühe die faul rum gelegen sind.

Nach kurzer Fotopause geht es weiter zum Hochplateau des Lago di Misurina. Welch Panorama. Und ich mittendrin. So sehen also Traumstraßen aus. Vorbei an Bauruinen und verschreckten Asiatischen Touristen führt der Weg direkt rüber über den Passo Tre Croci. Höher geht’s hier nicht. Jetzt eine kleine Pause. Kurz innehalten und diesen Blick genießen. Sicherlich gibt es höhere Pässe, die man mit dem Rad erklettern kann. Längere und schwere. Doch der hier ist heute meiner. Mit einem Grinsen auf dem Gesicht hol ich gut Schwung und rolle runter nach Cortina. Geschafft. Müde. Danke!

Den Pass hab ich bezwungen. In Cortina bin ich auch. 

Mein Plan ging auf. Doch der Plan hinkt. Ging schneller als erwartet. Weiß auch keiner vorher. Hier oben habe ich jetzt doch viel zu viel Zeit übrig. Cortina ist echt kein schöner Fleck im Sommer und nicht mehr so dolle wie zu Zeiten der Olympiade oder gar als ein bekannter britischer Agent hier in tödlicher Mission unterwegs war. Der Glanz vergangener Zeiten hat sich abgewohnt. Auch wenn die Dolomiten unbeschreiblich sind… Wenn ich mich nochmal nach Eraclea aufmache, dann mit weniger Gepäck und über Bozen. Passo di Giau am Nachmittag mitnehmen wäre eine Option für die Route über Cortina.

Doch morgen bin ich sicher froh um die Erholung, die ich mir heute verdient habe. Shopping geht nur im Supermarkt (wir sind in Italien und da haben im Sommer die Geschäfte nachmittags zu) und mein Hotel ist alles andere als einladend. Also lauf ich ganz Cortina ab, vertreibe mir meine Zeit. (Nachtrag: Es wäre besser gewesen, nach einem Mittagessen weiter zu fahren – raus aus den Bergen.) Warum? Das steht im 4ten Teil. Das Rad schafft im Zimmer eine mittlerweile vertraute Atmosphäre. Der Ski-Keller wäre auch zu schnöde dafür gewesen. Italienisches Fernsehen säuselt mich in den Schlaf. Eine Flasche Bier hab ich noch. Dann Augen zu.

Bruneck – heute geht es nach Cortina
Rein in die Berge
Munich – Venezia Radweg
Kurz vor Dreiheiden
Alpines Panorama
Die Dolomiten